Die ungewollte Empfangsvertretung bei zur Vorsorge erteilten Generalvollmachten

In einer alternden Gesellschaft sind umfassende Vorsorgevollmachten, d.h. Vollmachten, die gelten sollen, wenn der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage ist, seine eigenen Angelegenheiten zu regeln und sich selbst zu vertreten, unerlässlich.

Solche Vollmachten sollten in der Regel in beurkundeter Form erteilt werden, da auf diese Weise eine erforderliche rechtliche Beratung gewährleistet ist.

Vorsorgevollmachten können „Fluch und Segen“ sein, eröffnen sie doch, da es sich in der Regel und sinnvollerweise um Generalvollmachten handelt, auch über den Tod des Vollmachtgebers hinaus eine Missbrauchsmöglichkeit, wenn durch den Vollmachtnehmer Erklärungen abgegeben werden, die nicht im Sinne des Vollmachtgebers sind.

Ein probates Mittel zur Verhinderung eine solchen Missbrauch kann sein, die zum Handeln erforderliche Ausfertigung der Vollmacht zunächst in der Verwahrung des Vollmachtgebers oder eines Dritten zu belassen.

In einer jetzt erfolgten Veröffentlichung (Regenfus, NJW 2023,76. Jahrg. vom 7.12.2023, S. 3609 ff.) wird auf einen zusätzlichen Aspekt hingewiesen. Vorsorgevollmachten können auch als Empfangsvollmachten „missbraucht“ werden. Der Verfasser geht von folgendem praktischen Beispiel aus:

Der 72-jährige G erzählt im Freundeskreis, er habe – wie es zahlreiche staatlichen Stellen und Verbände raten – vorsorglich seine Tochter T umfassend bevollmächtigt. Da er T vertraue, sei die Erteilung der Generalvollmacht kein Problem für ihn. Wenig später trifft T auf den F der ein zwischen G und F bestehendes langjähriges und für G wichtiges Mietverhältnis durch Erklärung gegenüber T kündigt. Liegt eine wirksame, dem G über T zugestellte, Kündigung vor?

Der Verfasser des Artikels kommt zu Recht zu der Auffassung, dass die Grundsätze zum Missbrauch der Vertretungsmacht auch bei der Passivvertretung anwendbar sind. Solche Rechtsgeschäfte sind darum schwebend unwirksam, wenn der Dritte auf Grund der ihm bekannten Umstände realisieren muss, dass die Vollmacht nur für den Fall späterer geistiger oder körperlicher Einschränkungen gedacht war und eine solche Situation noch nicht eingetreten ist.

Fazit: Vorsorgevollmachten beinhalten „Licht und Schatten“. Sie sind erforderlich , sollten aber nur gut beraten erteilt werden.

Axel Janitzki, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht, Notar a.D.

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