Nochmal das Bundesverfassungsgericht zur "Notbremse"

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mehrere Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, die sich alle gegen die Corona-Notbremse des Bundes richteten.

Dabei ging es um die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zu Kontaktbeschränkungen (§ 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG), Beschränkungen im Einzelhandel (§ 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 IfSG), der Schließung kultureller Einrichtungen wie Theatern, Museen, Clubs und Kinos (§ 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 IfSG) und um Schulschließungen (§ 28b Abs. 3 IfSG).

Damit sei nicht entschieden, ob die angegriffenen Vorschriften mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar seien, betonte das BVerfG. Das müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden, so die Kammern des Ersten Senats (Beschlüsse v. 20.5.2021, 1 BvR 900/21, 1 BvR 968/21 u.a.,1 BvR 928/21, 1 BvQ 64/21). Anfang Mai hatte das BVerfG bereits Eilanträge gegen die nächtlichen Ausgangssperren abgelehnt. Auch in diesem Fall soll im Hauptsacheverfahren geprüft werden, ob die Regelung verfassungsgemäß ist.

Die sogenannte Bundesnotbremse war Ende April in Kraft getreten. Die Regelungen gelten in Gebieten, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz die Grenze von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner an mehreren Tagen übersteigt. Mittlerweile sinkt die Inzidenz. Bundesweit lag sie am Donnerstag nach Angaben des Robert Koch-Instituts bei nur noch 68,0. In den meisten der 412 erfassten Kreise und kreisfreien Städte liegt der Wert inzwischen unter der 100er-Marke. Gegen das verschärfte Infektionsschutzgesetz sind beim BVerfG mittlerweile rund 400 Verfahren eingegangen.

Die Kammern betonten, dass es auf die aktuelle Lage ankomme. Angesichts sinkender Inzidenzwerte und Ausnahmen für geimpfte und genesene Personen seien die Beschränkungen nicht mehr so schwerwiegend, dass die Interessen der Antragsteller die Einschätzungen des Gesetzgebers zur Pandemiebekämpfung überwiegen könnten. Zudem sei auch absehbar, dass es bald zu weiteren Lockerungen komme.

An diesen Beschlüssen im Eilverfahren ist bemerkenswert, dass das oberste deutsche Gericht sich vor einer Sachentscheidung vollständig "drückt": Tragender Grund für die Ablehnung der Eilanträge war, dass alles wohl bald besser werde und dass die Beschränkungen daher nicht mehr so gravierend seien. Kein Wort dazu, dass die Gesetzgebung mit der "Notbremse" quasi "automatisiert" an die Inzidenzzahlen gekoppelt wurde, und ob das verfassungsgemäß ist.

RA Ingo Krampen

Quelle: Was das BVerfG zur Bundesnotbremse sagt (lto.de)

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