Das „Masernschutzgesetz“ (Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention) verpflichtet bekanntlich Schüler/innen und Kindergartenkinder sowie Beschäftigte in Schulen und Kindergärten vor ihrer Aufnahme in die Einrichtung den Nachweis zu erbringen, dass Impfschutz gegen Masern besteht, entweder durch Vorlage des Impfpasses oder durch ärztliche Bescheinigung (§ 20 Abs. 8 IfSG). Ausnahmen: Wenn eine Impfunverträglichkeit oder eine Immunität gegen Masern ärztlich bescheinigt ist.
Schulen und Kindergärten sind als sogenannte Gemeinschaftseinrichtungen gemäß § 33 IfSG verpflichtet, das örtliche Gesundheitsamt unter Angabe der personenbezogenen Daten der Betroffenen zu benachrichtigen, wenn für einen Schüler oder eine Schülerin kein ausreichender Nachweis der Masernimpfung erbracht wird. (§ 20 Abs. 9 IfSG). Diese Pflicht trifft nach dem Gesetzeswortlaut alle Schulen und Kindergärten, auch die in freier Trägerschaft. Kindergärten dürfen Kinder, die den Nachweis des ausreichenden Impfschutzes nicht erbracht haben, nicht aufnehmen. (§ 34 Abs. 10 b IfSG) Für Schulen gibt es – wegen der bestehenden Schulpflicht – eine solche Regelung nicht. Das heißt: auch schulpflichtige Schüler/innen ohne ausreichenden Impfschutz können aufgenommen werden, müssen aber dem Gesundheitsamt gemeldet werden.
Es gibt eine Übergangsfrist: Bei Kindergartenkindern, Schülerinnen oder Schülern sowie Mitarbeitenden, die am 1. März 2020 bereits eine der genannten Einrichtungen besuchten, muss der Nachweis erst bis zum 31. Juli 2021 erbracht werden. (§ 20 Abs. 10 Satz 1 IfSG)
Nun hatte das Verwaltungsgericht Chemnitz einen Eilantrag von Eltern zu bescheiden, für deren Kind beim Wechsel von der Tagespflege in eine Kindertageseinrichtung der Impfschutz nachgewiesen werden sollte, weil das örtliche Gesundheitsamt der Ansicht war, die Übergangsregelung des Infektionsschutzgesetzes sei dahingehend auszulegen, dass bei jedem Wechsel der Nachweis neu erbracht werden müsse.
Das Verwaltungsgericht Chemnitz (6 L 268/20 vom 29.5.2020) legte die Regelung des § 20 Abs.10 S.1 IfSG dagegen wie folgt aus:
"Vielmehr ist der vorübergehende Wegfall der Nachweispflicht nicht an eine bestimmte Einrichtung und den dortigen Verbleib gebunden. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm sind die Einrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 IfSG einander gleichgestellt, ohne dass insoweit Einschränkungen irgendwelcher Art vorgenommen worden wären. Hätte der Gesetzgeber die Bindung an eine bestimmte Einrichtung gewollt, wäre – schon vor dem Hintergrund der nicht unerheblichen Grundrechtsrelevanz der neu eingeführten Impfpflicht – ohne Weiteres zu erwarten gewesen, dass dies in der Vorschrift klar zum Ausdruck gekommen wäre."
Das heißt: Ein Wechsel der Betreuungseinrichtung nach dem 01.03.2020 setzt die Übergangsregelung nicht außer Kraft. Der Nachweis muss auch in diesen Fällen erst zum 31.07.2021 vorgelegt werden. Das dürfte nach der Argumentation des Gerichts dann wohl auch gelten für einen Wechsel zwischen Kindergarten und Schule.
Ingo Krampen, Rechtsanwalt, Notar und Mediator
Quelle: https://www.justiz.sachsen.de/vgc/download/Beschluss_268.pdf