Pflicht zur Arbeitsleistung während der Corona-Pandemie
Jede/r Arbeitnehmer/in muss auch während der Corona-Pandemie arbeiten; es gilt weiterhin der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Sofern lediglich das generelle Risiko einer Infektion besteht, kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht deswegen verweigern (sonst dürften Ärzte und Krankenpfleger nie ihren Beruf ausüben).
Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer zu einer Risikogruppe gehört und/oder Vorerkrankungen hat. Auch Arbeitnehmer, die zu einer der vom Robert-Koch-Institut festgelegten Risikogruppen gehören, müssen daher zur Arbeit erscheinen. Nur für wenige Berufsgruppen gibt es Sonderbestimmungen, bspw. für den Einsatz von Lehrkräften in NRW.
Allerdings muss der Arbeitgeber aufgrund der Fürsorgepflicht alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen, die die Arbeitnehmer vor einer Ansteckung schützen. Sonst können die Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung verweigern, sofern eine erhebliche Gefahr für ihre Gesundheit besteht. Welche Maßnahmen zu ergreifen sind, hängt von der Art der Tätigkeit und des Betriebes ab. In einem Großraumbüro sind andere Maßnahmen erforderlich und möglich als auf einer Baustelle, in einem Supermarkt oder in einer KiTa. Prüfen Sie, ob für Ihre Art des Betriebs besondere Regelungen durch Gesetze oder Erlasse gelten.
Über folgende Maßnahmen sollten Sie nachdenken und sofern möglich, diese realisieren:
- Sicherheitsabstand von 1,5m bei der Arbeit einhalten. Sollte dies nicht möglich sein, alternative Schutzmaßnahmen ergreifen (Tragen von Masken, Spuckschutz-wände);
- Husten- und Niesetikette, Verbot des Händeschüttelns usw.;
- Regelungen und Einrichtungen zur Handhygiene durch Waschgelegenheiten, Des-infektionsspender;
- Meidung persönlicher Kontakte, einschließlich des Publikumsverkehrs, indem Sie die Abläufe bzgl. Pausen, Schichtwechsel und Anwesenheit umstrukturieren oder digitale Konferenzen ermöglichen;
- Die Arbeitnehmer unterrichten und beraten, wie sie Gefahren eigenverantwortlich vermeiden können;
- Einführung von Homeoffice;
- Einschränkung oder Schließung von Gemeinschaftsräumen;
- physische Barrieren (zB sog. Spuckschutz);
- Verkürzung von Reinigungsintervallen für Räumlichkeiten, Fahrzeuge, Arbeitsmit-tel und sonstige Kontaktflächen;
- Gute, regelmäßige Belüftung von Räumen.
Bei Ihren Überlegungen sollten Sie spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen (Personen ab einem Alter von 60 Jahren und Arbeitnehmer, die einer der Risikogruppen zugehören) berücksichtigen und versuchen, diese Gruppen besonders zu schützen.
Eine genauere Darstellung zu den möglichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes in Zeiten der Corona-Pandemie finden Sie auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales als „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard“ unter folgendem Link:
Ausnahmsweise müssen Arbeitnehmer nicht arbeiten, wenn sie eine Arbeitsunfähigkeits-bescheinigung vorlegen. Eine andere Bescheinigung vom Arzt – mit dem Inhalt, dass man zu einer Risikogruppe gehört und/oder Vorerkrankungen hat - reicht nicht aus.
Einen Rechtsanspruch auf Homeoffice gibt es für Arbeitnehmer nicht. Nach den gültigen Arbeitsschutzbestimmungen soll der Arbeitgeber allerdings prüfen, ob es betrieblich möglich ist, Homeoffice-Arbeitsplätze für die Dauer der Corona-Pandemie einzurichten. Sofern der Arbeitgeber Homeoffice-Arbeitsplätze schafft, sollte er mit den einzelnen Arbeitnehmern hierüber eine schriftliche Vertragsänderung schließen und darin auch die Befristung der Arbeit im Homeoffice sowie die jederzeitige Möglichkeit der Änderung und Rückholung des Arbeitnehmers in den Betrieb regeln.
Will ein Arbeitnehmer nicht arbeiten, obwohl er zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, können Sie versuchen, mit ihm einvernehmliche Lösungen zu finden, z.B. unbezahlten Ur-laub, Übernahme anderer Tätigkeiten mit weniger Personenkontakt, Kurzarbeit (sofern die Voraussetzungen vorliegen), etc. Eine Freistellung von der Arbeit unter Fortführung der Lohnzahlung ist gemeinnützigkeitsrechtlich und wegen des Betriebsfriedens/des Vergleichs mit anderen Arbeitnehmern nicht zu empfehlen.
Urlaubsrückkehrer
Welche arbeitsrechtlichen Folgen bestehen, wenn ein Arbeitnehmer aus dem Urlaub in einem Corona-Risikogebiet zurückkehrt?
Zunächst hat der Arbeitgeber gegenüber jedem Arbeitnehmer einen Auskunftsanspruch, ob der Arbeitnehmer sich während des Urlaubs in einem Corona-Risikogebiet aufgehalten hat. Dies resultiert aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers und der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber den anderen Arbeitnehmern.
Hat sich ein Arbeitnehmer in einem Corona-Risikogebiet aufgehalten, kann der Arbeitgeber die Vorlage eines Attestes verlangen. Die Kosten für das Attest hat der Arbeitnehmer selbst zu tragen. Legt der Arbeitnehmer ein entsprechendes Attest nicht vor, gilt die 2-wöchige Quarantänepflicht und der Arbeitnehmer darf nicht zur Arbeit erscheinen.
Während einer solchen vorsorglichen Quarantäne braucht der Arbeitgeber keine Lohnfort-zahlung zu leisten, wenn der Arbeitnehmer wissentlich in ein Risikoland gereist ist, d.h. wenn schon vor Beginn der Reise feststand, dass es sich um ein Risikogebiet handelt. Sollte die Einstufung als Risikogebiet erst nach Antritt der Reise erfolgt sein, ist die Situation noch etwas offen. Bitte sprechen Sie mich in diesem Falle an, damit ich dann tagesaktuell prüfen kann, wie sich die rechtliche Meinung entwickelt hat.
Natürlich darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer statt der 2-wöchigen Quarantäne auch im Homeoffice beschäftigen. Dies setzt aber voraus, dass das Homeoffice grundsätzlich dazu geeignet ist, dass der Arbeitgeber seine Arbeitstätigkeit entfalten kann, und dass eine entsprechende Ausstattung vorhanden ist. Unter anderem könnte sich ein Anspruch auf Arbeit im Homeoffice ergeben, wenn der Arbeitgeber anderen, in der Tätigkeit und Qualifikation vergleichbaren Arbeitnehmern bereits die Möglichkeit zum Homeoffice einräumt.
11.08.2020
Sandra Meinke
(Rechtsanwältin)
Barkhoff und Partner