Neue Entscheidungen zu Corona

Der Bayrische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 19.01.2021 (20 NE 21.76), im Rahmen des Normenkontrollverfahrens eines Bürgers aus Regensburg entschieden:

Das in Bayern angeordnete Alkoholverbot im öffentlichen Raum (§ 24 Abs. 2 der 11. BayIfSMV) wird vorläufig außer Vollzug gesetzt. Begründung:  Nach § 28a IfSG sind  Alkoholverbote nur an bestimmten öffentlichen Plätzen vorgesehen. Die Anordnung eines Alkoholverbots für Bayern insgesamt überschreite diese Verordnungsermächtigung des Bundesgesetzgebers.

Abgelehnt hat der BayVGH aber die Außervollzugsetzung der Regelungen über Kontaktbeschränkungen, wonach sich Angehörige eines Hausstandes nur noch mit einer Person eines anderen Hausstandes treffen dürfen. Diese Kontaktbeschränkungen sind nach Auffassung des BayVGH vom IfSG gedeckt, hinreichend bestimmt und angesichts des aktuellen pandemischen Geschehens auch verhältnismäßig.

Schließlich hat der BayVGH den Antrag, die 15-km-Regelung für tagestouristische Ausflüge außer Vollzug zu setzen, als unzulässig abgewiesen. Begründung hier: Der Antragsteller sei von der Regelung derzeit noch nicht betroffen, weil die Regelung erst ab einer Sieben-Tages-Inzidenz von 200 gelte und Regensburg eine viel niedrigere Inzidenz aufweise.

Das Amtsgericht Weimar hat mit Urteil vom 11.01.2021 (6 OWi – 523 Js 202518/20) eine sehr umfangreich begründete Entscheidung zur Thüringer Corona-Eindämmungsverordnung getroffen. Gegenstand des Verfahrens war hier eine Geburtstagsfeier in den Abendstunden des am 24.04.2020, zu der sich die Betroffene zusammen mit mindestens sieben weiteren Personen im Hinterhof eines Hauses aufhielt, um den Geburtstag eines der Beteiligten zu feiern. Die insgesamt acht Beteiligten verteilten sich auf sieben verschiedene Haushalte. Dieses Verhalten des Betroffenen verstieß gegen § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 der Dritten Thüringer Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO) vom 18.04.2020 in der Fassung vom 23.04.2020. Danach wäre maximal ein Gast aus einem anderen Haushalt erlaubt gewesen.

Das AG Weimar hat die Betroffene dennoch frei gesprochen. Es sieht die Thüringer Sars-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung (ThürSARS-CoV-2-EindmaßnV0) vom 26.03.2020 als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar und daher nichtig an. Begründung:

  • Die VO war formell verfassungswidrig: Für den Erlass der in der Verordnungen enthaltenen weitreichenden Regelungen wäre nämlich nicht die Exekutive zuständig gewesen, sondern die Legislative. Es hätte auch nicht nur eine Verordnung sondern ein Gesetz erlassen werden müssen.
  • Die VO sei auch materiell verfassungswidrig. Denn die am 28.03.2020 vom Bundestag festgestellte „epidemische Lage von nationaler Tragweite” habe es nicht gegeben. Die Reproduktionszahl R sei nach den Zahlen des Robert-Koch-Instituts nämlich schon am 21.03.2020 unter den Wert Eins gefallen. Auch die Zahlen zur Übersterblichkeit, zur Intensivbettenbelegung und zur Letalität des Virus lieferten keine Grundlage für so eine Behauptung. Das müsse man bei einer Abwägung von Rechtsgütern berücksichtigen.
  • Das Kontaktverbot sei zudem nicht verhältnismäßig (gewesen), da es gegen die in Art. 1 Abs. 1 GG als unantastbar garantierte Menschenwürde verstoße.

Diese Entscheidung ist nicht unproblematisch, obwohl sie sehr gründlich die Rechtslage aufarbeitet. Aber die Bewertung der Fakten zu Corona durch das Amtsgericht Weimar liegt weit entfernt von allen Bewertungen offizieller Stellen und scheint eher einem Wunschdenken zu entsprechen. Der Betroffenen sei der Freispruch gegönnt, aber die Begründung der Gerichtsentscheidung sollte nicht Schule machen.

Ingo Krampen, Rechtanwalt und Mediator

https://blog.burhoff.de/2021/01/60433/

Diese Website verwendet Cookies. Mit der weiteren Nutzung stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Einzelheiten entnehmen Sie bitte unserem Datenschutzhinweis.

Ich akzeptiere Cookies auf dieser Website