Frauen in den Verein

Wann eine geheime Abstimmung im Verein geboten ist und warum eine offene Abstimmung über die Zulassung von Frauen als Mitglieder eines Vereins rechtens war

Da wundert man sich zunächst ein wenig: Es gibt sie noch in Deutschland, die elitären Zirkel, in denen einflussreiche Personen bei einem guten Glas Wein oder Cognac über die Lage der Nation philosophieren. Zirkel, in denen man froh ist, einmal "unter sich" zu sein. Unter sich, das kann bedeuten: unter Reichen und Schönen, aber es kann auch schlicht bedeuten: unter Männern.

Eine dieser Bastionen ungestörter Männlichkeit begann 2015 zu bröckeln, als die "Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft e.V.", bis dato ein reiner Herrenklub, plötzlich auch Frauen als Mitglieder aufnehmen wollte. Der 1919 gegründete Verein besteht aus Bankern, Politikern und anderen einflussreichen Personen, vor allem aber nur aus Männern. "Jeder Mann", der die Vereinszwecke fördere, könne Mitglied werden, hieß es in der Satzung - jedenfalls bis vor drei Jahren.

Daran wollte ein Mitglied unbedingt festhalten und zog gegen die Satzungsänderung vor Gericht, allerdings in allen Instanzen ohne Erfolg. Kürzlich entschied in letzter Instanz das Oberlandesgericht Frankfurt (Urt. v. 06.07.2018, Az. 3 U 22/17), dass die Satzungsänderung zugunsten der Gleichstellung von Frauen rechtens sei.

Ein Antrag auf geheime Abstimmung war in der Mitgliederversammlung abgelehnt und danach die Satzungsänderung in offener Abstimmung mit einer Mehrheit von rund drei Viertel der Mitglieder beschlossen worden. Das Mitglied begründete die Klage im Wesentlichen mit der Argumentation, dass durch die offene Abstimmung Druck auf die Mitglieder ausgeübt worden sei, weil insbesondere die Prominenten unter ihnen bei einer offenen Ablehnung des Antrags gesellschaftliche und wirtschaftliche Nachteile zu befürchten gehabt hätten.

Das OLG befand die Abstimmung im Ergebnis für rechtens. In diesem Zusammenhang stellte es folgende Grundsätze für Abstimmungsverfahren im Verein fest:

  • In erster Linie gilt, was in der Satzung oder einer Versammlungsordnung steht;
  • Mangels einer solchen Regelung entscheidet die Versammlungsleitung;
  • Verlangt auch nur ein Mitglied geheime Abstimmung, muss darüber die Versammlung (offen) abstimmen. Diese Entscheidung der Versammlung ist dann bindend.

Allerdings ist die Verweigerung einer geheimen Abstimmung dann unzulässig, "wenn die Offenlegung der Person des Abstimmenden und seines Abstimmungsverhaltens diesen an der unbeeinflussten Stimmabgabe hindern" könnte. Diese Voraussetzung sah das OLG hier aber nicht gegeben: Nicht jede denkbare Beeinflussung behindere das Abstimmungsverhalten tatsächlich. Und auch Prominente und "führende Persönlichkeiten" müssten einen gewissen Druck aushalten können.

Das OLG schrieb dem Verein – quasi als obiter dictum - noch ins Stammbuch: Die Zulassung von Frauen stelle sich "geradezu als Erprobung der zentralen Werte des Vereins dar". Und der Verein hat schnell gelernt: Im Präsidium findet sich mittlerweile laut Website (https://www.frankfurter-gesellschaft.de/gesellschaft) auch eine Frau (unter neun Präsidiumsmitgliedern).

Ingo Krampen, Rechtsanwalt, Notar, Mediator

(Quellen: VB Vereinsbrief Heft 10/2018, Seite 11; LTO Legal Tribune Online vom 6.7.2018)

Diese Website verwendet Cookies. Mit der weiteren Nutzung stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Einzelheiten entnehmen Sie bitte unserem Datenschutzhinweis.

Ich akzeptiere Cookies auf dieser Website